Der heutige Tag stand im Zeichen des Verweilens: unsere arabisch-deutsche Reiseleiterin Monika ist nach Hause nach Bethlehem gefahren und Tati (mehr israelisch als deutsch trotz Pass ;-) ) ist mit einer anderen Gruppe unterwegs (Multitasking ist normal in Israel). Für uns stehen am Vormittag der Besuch von
YadVashem bzw. das
Herzl Museum auf dem Programm. Beides Stätten, die sich intensiv mit der Vorgeschichte des Staates befassen.
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Theodor Herzl und das moderne Israel |
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Herzl-Darsteller aus dem Museumsfilm |
Im Herzl Museum erleben wir eine moderne, medientechnisch und künstlerisch vor allem Jugendliche sehr ansprechende Umsetzung der Geschichte des Zionismus und seines Gründers Theodor Herzl, der seine beiden Hauptwerke "Der Judenstaat" und "Altneuland" auf Deutsch geschrieben hat. Die Rahmenhandlung der interaktiven Museumsdarstellung ist ein Filmset mit einem jugendlichen Herzldarsteller, der in die Rolle hineinwächst, sowie Kulissen -Zionistenkongress 1897 in Basel- und spannende Filmsequenzen, die Identifikation und Einfühlung ermöglichen.Dabei wird uns klar, dass, wie im Cinema Jenin, jeder Film auch eine politische bzw. menschliche Aussage machen möchte und künstlerische Mittel dafür einsetzt, diese Aussage auch emotional zu verankern. Gefragt ist medienkompetenz zur Einordnung. Auf dem Gelände der Gedenkstätte besuchen wir das Grab Herzls sowie verschiedener ehemaliger Ministerpräsidenten und israelischer Politiker wie z.B. Golda Meir und Yitzhak Rabin. Menachim Begin, der Falke und Friedensunterzeichner mit Ägypten, legte als religöser Jude keinen Wert darauf, hier bestattet zu werden, sondern ruht auf dem Ölberg, über den der Messias in die Stadt einziehen soll. Der umstrittene Premier Ariel Sharon ist auf seiner Farm begraben genauso wie der erste Ministerpräsident Ben Gurion, der im Gegensatz zu Sharon (einerseits siedlerfreundlich, andererseits Räumung des Südlibanons und des Gazastreifens, ja ! so widersprüchlich ist die Realität) für eine Besiedelung des Negev eintrat und auch dort, in Sde Boker, begraben sein wollte.
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Grab von Jitzhak und Lea Rabin |
Nachmittag und Abend stehen im Zeichen der freien Gestaltung, sowie der Kontemplation des Erlebten in Gesprächen. Kontemplative Ort in Jerusalem sind uns einige bekannt, unter anderem auch das
American Colony Hotel in Ostjerusalem (siehe Bilder unten), mit seiner interessanten Geschichte und illustren Gästen wie dem Nahostbeauftragten und konvertierten Katholiken Tony Blair, das Gegenstück zum
King David Hotel in Westjerusalem, aber auch der Garten des
Österreichischen Hospizes (Pilgerhauses) in der Altstadt oder die
St. Anna Kirche.
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Das American Colony Hotel in Ostjerusalem |
Bericht von Fritzi und Monika über den Yad Vashem-Besuch
Nicht nur die Jerusalem-“Frischlinge“
zieht es zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Auch
Israel-Erfahrene wollen Eindrücke auffrischen und ganz im Sinne von
Kurt Tucholskys Worten „Ein Land ist nicht nur, was und wie es
handelt, es ist ebenso das, was es duldet.“ mit den Erfahrungen der
vergangenen Tage verknüpfen.
Ausgestattet mit Audio-Guide und
Lageplan durchlaufen wir die unterschiedlichen Museumsräume, die den
verschiedenen Kapiteln des Holocaust gewidmet sind. Viele Objekte und
Fotos erscheinen gerade uns Deutschen bekannt, immer wieder werden
aber auch weniger geläufige Aspekte beleuchtet, etwa das Schicksal
der Überlebenden oder auch der jüdische Widerstand in den von den
Nazis besetzten Ländern. Der Gang durch dieses Kapitel der deutschen
Geschichte macht betroffen.
„Befreit, aber nicht frei – das ist
das Paradox der Juden.“ (Abraham Klausner, Rabbiner in der
U.S.-Armee, Dachau 1945)
Mit diesem Gedanken suchen wir im Tal
der Gemeinden unter Tausenden von Ortsnamen nach Vertrautem:
Karlsruhe, Bruchsal, Tübingen, Speyer sind nur einige wenige
Beispiele für die vielen jüdischen Gemeinden, die durch die
Nationalsozialisten ausgelöscht wurden.
Die Fahrt mit der einzigen Jerusalemer
Straßenbahnlinie führt uns zurück ins Stadtzentrum. Nach und nach
finden sich die Mitglieder der Reisegruppe zu Kaffee, Apfelstrudel
mit Schlagobers und Sachertorte im Österreichischen Hospiz ein und
tauschen ihre Erlebnisse untereinander aus
So sehr der Garten auch zum Verweilen
einlädt, zieht es uns weiter zur Sankt-Anna-Kirche am Löwentor
unterhalb des Tempelbergs. Hinter hohen Mauern empfängt uns eine
grüne Oase der Stille. Ganz ungewohnte Töne nur wenige Schritte
weiter: ein deutscher und direkt im Anschluss ein koreanischer
Kirchenchor erfüllen mit ihren Gesängen den Kirchenraum, der für
seine Akustik mit vier Sekunden Nachhall berühmt ist.
Der Plan eines Rundgangs auf der
Stadtmauer lässt sich leider am Freitag kurz vor Beginn des Sabbats
nicht mehr realisieren. Dank der zunehmenden Orientierungssicherheit
in den schmalen Gassen der Altstadt disponieren wir schnell um und
eilen zur Grabeskirche. Wir erinnern uns an den Film „Im Hause
meines Vaters sind viele Wohnungen“, als wir kurz nacheinander
liturgische Feiern von katholischen und orthodoxen Mönchen
miterleben. (Friederike und Monika)
Leider war er Tag der Einkehr nicht nur durch Ruhe und Besinnung geprägt, sondern auch durch einen Taschdiebstahl, bei dem neben Bargeld auch der Pass und weitere Dokumente abhanden kamen. Zum Glück unterstützte uns Tati tat-i-kräftig bei der Polizei und der Beantragung neuer Dokumente bei der Deutschen Botschaft.