Freitag, 13. Juni 2014

Freitag, 13. Juni - Tag der Einkehr


Der heutige Tag stand im Zeichen des Verweilens: unsere arabisch-deutsche Reiseleiterin Monika ist nach Hause nach Bethlehem gefahren und Tati (mehr israelisch als deutsch trotz Pass ;-) ) ist mit einer anderen Gruppe unterwegs (Multitasking ist normal in Israel). Für uns stehen am Vormittag der Besuch von YadVashem bzw. das Herzl Museum auf dem Programm.  Beides Stätten, die sich intensiv mit der Vorgeschichte des Staates befassen.

Theodor Herzl und das moderne Israel
Herzl-Darsteller aus dem Museumsfilm
Im Herzl Museum erleben wir eine moderne, medientechnisch und künstlerisch vor allem Jugendliche sehr ansprechende Umsetzung der Geschichte des Zionismus und seines Gründers Theodor Herzl, der seine beiden Hauptwerke "Der Judenstaat" und "Altneuland" auf Deutsch geschrieben hat. Die Rahmenhandlung der interaktiven Museumsdarstellung ist ein Filmset mit einem jugendlichen Herzldarsteller, der in die Rolle hineinwächst, sowie Kulissen -Zionistenkongress 1897 in Basel- und spannende Filmsequenzen, die Identifikation und Einfühlung ermöglichen.Dabei wird uns klar, dass, wie im Cinema Jenin, jeder Film auch eine politische bzw. menschliche Aussage machen möchte und künstlerische Mittel dafür einsetzt, diese Aussage auch emotional zu verankern. Gefragt ist medienkompetenz zur Einordnung. Auf dem Gelände der Gedenkstätte besuchen wir das Grab Herzls sowie verschiedener ehemaliger Ministerpräsidenten und israelischer Politiker wie z.B. Golda Meir und Yitzhak Rabin. Menachim Begin, der Falke und Friedensunterzeichner mit Ägypten, legte als religöser Jude keinen Wert darauf, hier bestattet zu werden, sondern ruht auf dem Ölberg, über den der Messias in die Stadt einziehen soll. Der umstrittene Premier Ariel Sharon ist auf seiner Farm begraben genauso wie der erste Ministerpräsident Ben Gurion, der im Gegensatz zu Sharon (einerseits siedlerfreundlich, andererseits Räumung des Südlibanons und des Gazastreifens, ja ! so widersprüchlich ist die Realität) für eine Besiedelung des Negev eintrat und auch dort, in Sde Boker,  begraben sein wollte.

Grab von Jitzhak und Lea Rabin
Nachmittag und Abend stehen im Zeichen der freien Gestaltung, sowie der Kontemplation des Erlebten in Gesprächen. Kontemplative Ort in Jerusalem sind uns einige bekannt, unter anderem auch das American Colony Hotel in Ostjerusalem (siehe Bilder unten), mit seiner interessanten Geschichte und illustren Gästen wie dem Nahostbeauftragten und konvertierten Katholiken Tony Blair, das Gegenstück zum King David Hotel in Westjerusalem, aber auch der Garten des Österreichischen Hospizes (Pilgerhauses) in der Altstadt oder die St. Anna Kirche.

Das American Colony Hotel in Ostjerusalem

Bericht von Fritzi und Monika über den Yad Vashem-Besuch

Nicht nur die Jerusalem-“Frischlinge“ zieht es zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Auch Israel-Erfahrene wollen Eindrücke auffrischen und ganz im Sinne von Kurt Tucholskys Worten „Ein Land ist nicht nur, was und wie es handelt, es ist ebenso das, was es duldet.“ mit den Erfahrungen der vergangenen Tage verknüpfen.

Ausgestattet mit Audio-Guide und Lageplan durchlaufen wir die unterschiedlichen Museumsräume, die den verschiedenen Kapiteln des Holocaust gewidmet sind. Viele Objekte und Fotos erscheinen gerade uns Deutschen bekannt, immer wieder werden aber auch weniger geläufige Aspekte beleuchtet, etwa das Schicksal der Überlebenden oder auch der jüdische Widerstand in den von den Nazis besetzten Ländern. Der Gang durch dieses Kapitel der deutschen Geschichte macht betroffen.

„Befreit, aber nicht frei – das ist das Paradox der Juden.“ (Abraham Klausner, Rabbiner in der U.S.-Armee, Dachau 1945)

Mit diesem Gedanken suchen wir im Tal der Gemeinden unter Tausenden von Ortsnamen nach Vertrautem: Karlsruhe, Bruchsal, Tübingen, Speyer sind nur einige wenige Beispiele für die vielen jüdischen Gemeinden, die durch die Nationalsozialisten ausgelöscht wurden.

Die Fahrt mit der einzigen Jerusalemer Straßenbahnlinie führt uns zurück ins Stadtzentrum. Nach und nach finden sich die Mitglieder der Reisegruppe zu Kaffee, Apfelstrudel mit Schlagobers und Sachertorte im Österreichischen Hospiz ein und tauschen ihre Erlebnisse untereinander aus

So sehr der Garten auch zum Verweilen einlädt, zieht es uns weiter zur Sankt-Anna-Kirche am Löwentor unterhalb des Tempelbergs. Hinter hohen Mauern empfängt uns eine grüne Oase der Stille. Ganz ungewohnte Töne nur wenige Schritte weiter: ein deutscher und direkt im Anschluss ein koreanischer Kirchenchor erfüllen mit ihren Gesängen den Kirchenraum, der für seine Akustik mit vier Sekunden Nachhall berühmt ist.

Der Plan eines Rundgangs auf der Stadtmauer lässt sich leider am Freitag kurz vor Beginn des Sabbats nicht mehr realisieren. Dank der zunehmenden Orientierungssicherheit in den schmalen Gassen der Altstadt disponieren wir schnell um und eilen zur Grabeskirche. Wir erinnern uns an den Film „Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen“, als wir kurz nacheinander liturgische Feiern von katholischen und orthodoxen Mönchen miterleben. (Friederike und Monika)

Leider war er Tag der Einkehr nicht nur durch Ruhe und Besinnung geprägt, sondern auch durch einen Taschdiebstahl, bei dem neben Bargeld auch der Pass und weitere Dokumente abhanden kamen. Zum Glück unterstützte uns Tati tat-i-kräftig bei der Polizei und der Beantragung neuer Dokumente bei der Deutschen Botschaft.

1 Kommentar:

  1. Liebe Israelreisende,
    da kommen viele Erinnerungen auf und mir wird wehmütig ums Herz. Ich beneide Euch sehr. Ich bedauere auch, dass ich all das Neue, was Ihr gesehen habt, nicht miterleben konnte.
    Vielleicht kann ich ja beim Nachtreffen noch an Euren Erfahrungen teilnehmen. Auch wenn ich jetzt nicht dabei sein konnte, mein Haus und Garten stehen zur Verfügung.
    Noch einen schönen Tag und guten Heimflug!
    Herzlichen Gruß Berta

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